Scham in der Literatur . Transfer - Rezeption – Translation
Wir laden Forscherinnen und Forscher aus den Bereichen Literaturwissenschaft, Kulturwissenschaft sowie Übersetzungstheorie und -praxis ein, Beiträge zur Kategorie Scham in der Literatur einzureichen.
Das Manuskript des Artikels ist über die OJS-Plattform spätestens bis zum 28. Februar 2025 einzureichen.
Die Veröffentlichung ist für das Jahr 2025 geplant.
In den Kulturwissenschaften gibt es keine einheitliche Definition für die Kategorie der Scham. Scham – eine existentielle Grunderfahrung des Menschen – kann als eine bedrückende Kraft verstanden werden, die den Körper und das Bewusstsein des Subjekts einschränkt, dann wird sie zu einem Regulator des sozialen Verhaltens in einer bestimmten Sphäre und – in Anlehnung an Eugeniusz Jaworski – "ein wichtiger Faktor bei der Schaffung kultureller Fakten" (E. Jaworski, Wstyd jako kategoria typologiczna, in: Wstyd w kulturze. Zarys problematyki, ed. E. Kosowska, Katowice 1998, S. 45). Ewa Kosowska ist der Meinung, dass mindestens fünf Bereiche der Scham unterschieden werden können, die die innere Komplexität der Kultur ausmachen und es ermöglichen, die schamauslösenden Phänomene aus der Perspektive des Individuums und des Kollektivs zu betrachten. Diese sind:
- die Sphäre des Mangels (Scham der Entbehrung),
- die Sphäre des Überflusses,
- die Sphäre der Sehnsüchte (Scham über Phänomene, die dem Image schaden, d.h. Scham über die Natur, die Herkunft, die Familie, die religiöse Differenz usw.),
- die Sphäre der Kompetenz (Verwirklichung der Bestrebungen in Verbindung mit der Scham über Unwissenheit, Unterlassung, Fehler)
- die Sphäre der Zurschaustellung (die darauf abzielt, den vorherigen Zustand der Kultur zu verstärken oder den Sinn für ein bestimmtes Element der Realität zu untergraben)
(vgl. E. Kosowska, Wstyd. Konotacje antropologiczne, in: Wstyd w kulturze. Zarys problematyki, op.cit. S. 59-60).
Die Erinnerung an Regeln, die durch Scham sanktioniert wurden, hält sich relativ lange, daher besteht eines der wichtigen Probleme, die mit der Integration der zeitgenössischen Welt einhergehen, darin, das gesamte Spektrum des Phänomens der Scham kennenzulernen und seine Struktur, Bedeutung und Funktion in der zeitgenössischen Kultur zu analysieren. Ausgehend von der Annahme, dass ein literarischer Text ein spezifisches Modell der Welt auf der Grundlage kultureller Kategorien liefert, ist die Untersuchung der Literarisierung der Kategorie Scham und der Art und Weise, wie sie sich manifestiert, ein Weg zur Erkennung und Rekonstruktion verborgener Muster der Kultur. Die Analyse und Interpretation literarischer Werke durch das Prisma der Kategorie der Scham bietet daher die Möglichkeit einer Diagnose der zeitgenössischen Gesellschaften.
Wir laden Forscherinnen und Forscher aus den Bereichen Literaturwissenschaft, Kulturwissenschaft sowie Übersetzungstheorie und -praxis ein, folgende Aspekte der Kategorie Scham zu bedenken:
- Scham als eine historisch variable und doch unveränderliche Kategorie,
- Verbote und Gebote, die mit der Kategorie der Scham verbunden sind,
- die kulturelle Konditionierung der Kategorie der Scham,
- die Art und Weise, in der sich Scham als eine Komponente manifestiert, die auf kulturelle Differenz hinweist,
- die Unterdrückung der Scham in verschiedenen Lebensbereichen des Subjekts,
- Scham als Element des diskursiven Konstrukts von Macht-Wissen,
- Scham als psychosomatisches Phänomen, das sich in kulturellem Verhalten niederschlägt.
Die hier vorgestellten Vorschläge schließen andere Darstellungen von Scham in Literatur und Kultur nicht aus.