Ein Land, in dem sich das Süße mit dem Bitteren vermischt. Irland als Objekt der Sehnsucht in der deutschen Literatur am Beispiel des Irischen Tagebuchs von Heinrich Böll
Abstract
Das 1957 erschienene Irische Tagebuch von Heinrich Böll prägte in der Vorstellung der deutschen Leser ein Bild von Irland als einer geheimnisvollen Insel, auf der Glück und Melancholie Hand in Hand gehen - ein Bild, das bis heute Bestand hat. Das Werk, eine Sammlung loser Kurzgeschichten, die auf den Reiseerfahrungen des Autors beruhen, zeigt die Grüne Insel als ein Land der Kontraste und widersprüchlichen Gefühle, in dem sich die Vergangenheit mit der Gegenwart vermischt und in dem die mythische Landschaft und die scheinbare Einfachheit des Lebens einen tieferen Grund verbergen. Das Gleiche gilt für das Tagebuch selbst, das zwischen Beschreibungen malerischer Landschaften und irischer Bräuche auch Themen wie die allgegenwärtige Armut, die unvermeidliche Auswanderung, die Perspektivlosigkeit und die fast fanatische Religiosität, die Irland plagen, einfließen lässt. Diese Extreme lösten bei Heinrich Böll jedoch eine Sehnsucht nach der Ursprünglichkeit und Aufrichtigkeit der Grünen Insel aus, deren Fehlen er sehr stark spürte. Mit der Veröffentlichung des Irischen Tagebuchs wurde die persönliche Sehnsucht eines Mannes zu einem Massenwunsch der deutschen Gesellschaft, ein Land der „Fehler und Wahrheiten“ zu sehen und zu erleben. Mehr als 60 Jahre nach seinem Erscheinen inspiriert Heinrich Bölls Werk noch immer Generationen von Lesern zu Reisen mit dem Versprechen, eine Sehnsucht nach Irland zu stillen.
Schlagworte:
deutsche Literatur, Sehnsucht, Irland, Heinrich Böll, Irisches TagebuchAuthors
Manuela Grafmanuela.graf@doktorant.ujd.edu.pl
Jan Dlugosz Universität in Czestochowa Poland
Statistics
Abstract views: 48PDF downloads: 83
Lizenz
Copyright (c) 2022 Transfer. Reception Studies
Dieses Werk steht unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitungen 4.0 International.
Am häufigsten gelesenen Artikel dieser/dieses Autor/in
- Manuela Graf, Angst und Liminalität im autobiografischen Werk von Hugo Hamilton , Transfer. Reception Studies: Bd. 8 (2023): Angst und Furcht in der neueren deutschsprachigen, polnischen und irischen Literatur
Ähnliche Artikel
- Rafał Pokrywka, Der ironische Modus im aktuellen Liebesroman , Transfer. Reception Studies: Bd. 5 (2020)
- Anna Szyndler, Auf der Spur der metaphysischen Sehnsucht durch die Texte von Daniel Kehlmanna , Transfer. Reception Studies: Bd. 7 (2022)
- Agnieszka Klimas, Ewige Sehnsucht eines ewigen Fremdlings – Zur Sehnsuchtsproblematik aus deutsch-jüdischer Perspektive , Transfer. Reception Studies: Bd. 7 (2022)
- Marcin Pliszka, Kleine Sehnsüchte in Robert Walsers kleiner Prosa , Transfer. Reception Studies: Bd. 7 (2022)
- Renata Makarska, Textuelle Mehrsprachigkeit in Texten deutschsprachiger Autoren mit polnischem Migrationshintergrund , Transfer. Reception Studies: Bd. 4 (2019)
- Joanna ŁAWNIKOWSKA-KOPER, Die Rezeption der Werke von Erich Hackl in den deutschsprachigen Ländern und in Polen , Transfer. Reception Studies: Bd. 1 (2016): VERBREITUNG VON DEUTSCHSPRACHIGER UND POLNISCHER LITERATUR IM XXI JAHRHUNDERT
- Monika Wolting, Prolegomena zu einer Migrantenliteraturforschung , Transfer. Reception Studies: Bd. 4 (2019)
- Elżbieta HURNIK, Die österreichische Literatur in der Zeitschrift „Literatura na Świecie” , Transfer. Reception Studies: Bd. 2 (2017)
- Dorota Sośnicka, Schreiben im Versuch, "Schönheit" und „Glück herzustellen“: Die Sehnsucht als zentrales Motiv des Erzählens von Urs Widmer , Transfer. Reception Studies: Bd. 7 (2022)
- Marijana JELEČ, Verbalisierung, Visualisierung und Verortung der Erinnerung im deutschsprachigen Generationenroman , Transfer. Reception Studies: Bd. 6 (2021): AFFEKTE 2 - ZEITGENÖSSISCHE KULTUR DER EMOTIONEN. TRANSFER. TRANSLATION REZEPTION
Sie können auch eine erweiterte Ähnlichkeitssuche starten für diesen Artikel nutzen.