Rückkehr in die Vergangenheit. Auf den Spuren von Familienangehörigen in der deutschsprachigen Literatur (nicht nur) polnischer Herkunft

Hans-Christian Trepte

treptus@t-online.de
Universität Leipzig (Germany)
https://orcid.org/0000-0002-3118-7299

Abstract

Eine mögliche Rückkehr ins Herkunftsland gehört zu den zentralen Problemen der (E)Migrationsliteratur. Dabei kommt den literarischen Entdeckungen des „Ostens“ (Europas) nach der Zäsur von 1989/1990 auf der Suche nach Spuren von Familienangehörigkeiten und (Erinnerungs-)Orten eine besondere Bedeutung zu. Dazu gehören beispielsweise die in englischer Sprache verfassten Werke von Ewa Hoffman, Anne Applebaum oder Jonathan Safran Foer. In seinem Buch Everything is illuminated versucht der Holocaust-Enkel Foer, das für die Vertreter seiner Generation kaum Nachvollziehbare des Holocaust nahezubringen. Aus fragmentarischen Eindrücken und Formen, aus Dokumenten, Zeugenaussagen und Kommentaren seines ukrainischen Reiseleiters und Dolmetschers entsteht ein vielstimmiges Werk. Die neuen Erzählformen über die Vergangenheit und den Holocaust entstehen aus dem Bedürfnis von Vertretern der zweiten und dritten Generation von Holocaustüberlebenden, die Wahrheit zu erfahren. Mit Hilfe privater Geschichten, dem Wissen und Erzählten aus zweiter Hand, versuchen sie das Schicksal von Familienangehörigen zu rekonstruieren. So bemüht sich Katja Petrowskaja, die leeren Flecken in der Geschichte ihrer Familie mit lebendigen Geschichten zu füllen. Sie bereist zahlreiche europäische Länder, in denen sie Spuren von Familienangehörigen zu finden hofft und ergänzt ihre Familienerzählungen gleichzeitig mit Mitteln der Reportage. Ihr Buch, Vielleicht Esther, überschreitet bewusst Grenzen der Zugehörigkeit zu einer Nationalliteratur bzw. einer ethnisch-kulturellen Identität und stellt die eigene Heimat- und Wurzellosigkeit heraus. Zahlreiche Autoren wie Eduard Merian sind sich bewusst, dass das Schweigen durch das Erzählen beendet werden muss, solange es noch Zeugen gibt. Brygida Helbig beschäftigt sich mit der Geschichte und Identität ihrer Eltern. Ihre literarischen Texte verfügen dabei über unterschiedliche Sprachkleider wie in ihrem in polnischer Sprache verfassten Roman Niebko. Werke, die zur Rückkehrliteratur an familiäre Orte gezählt werden, entstehen in verschiedenen Sprachen und weisen einen differenzierten sprachlich-kulturellen Subtext auf. Infolge des „Cultural turn“ entstehen neuartige interkulturelle Werke, deren Verfasser ein besonderes Verhältnis zur jeweiligen kulturellen wie zur sprachlichen Gemeinschaft zum Ausdruck bringen. Das deutschsprachige Debüt von Deborah Feldman, Überbitten, gehört zur zeitgenössischen Berliner Literatur, erzählt aber zugleich auch Familiengeschichte. Angesichts der neuen Migrationswellen bleibt das Schreiben über Erfahrenes und Erlebtes auch zukünftig ein wichtiges Merkmal zeitgenössischer Literatur, unabhängig von der Herkunft der Autoren.


Schlagworte:

(E)migration, deutschsprachige Literatur, Spurensuche, Identität, interkultureller Text, Jonathan Safran Foer, Katja Petrowskaja, Eduard Merian, Brygida Helbig, Deborah Feldman

Literaturhinweise

(weig), Aus Schnipseln wird Poesie, źródło: http://www.fnp.de/nachrichten/kultur/Aus-Schnipseln-wird-Poesie;art679,276819 [do-stęp: 20.08.2018]. Google Scholar

Applebaum A., Between East and West: Across the Borderlands of Europe, Pantheon, New York 1994, s. XXXIII. Google Scholar

Bachmann-Medick D., Cultural Turns. Neuorientierungen in den Kulturwissenschaften, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2006. Google Scholar

Bachmann-Medick D., Nowe kierunki w nauce o literaturze, przeł. K. Krzemieniowa, Oficyna Naukowa, Warszawa 2012. Google Scholar

Brakoniecki K., Nawrocki K., Atlantyda Północy. Die Atlantis des Norden. Dawne Prusy Wschodnie w fotografii. Das ehemalige Ostpreußen in der Fotografie, Galerie der zeitgenössischen Kunst des Büros für Kunstausstellungen, Biuro Wystaw Artystycznych, Olsztyn 1993. Google Scholar

Dąbrowski M., Tekst międzykulturowy. Morfologia i filozofia, [w:] idem, Tekst międzykulturowy. O przemianach literatury emigracyjnej, Dom Wydawniczy Elipsa, Warszawa 2016, s. 96–112. Google Scholar

Deutsche Kolonien, źródło: http://grenzraum.martin-opitz-bibliothek.de/galizien/deutsche-kolonien/ [dostęp: 20.08.2018]. Google Scholar

Drossu O., Kara S. (red.), Migrationsliteratur. Eine neue deutsche Literatur? Dossier. Heinrich Böll Stiftung, Berlin 2009. Google Scholar

Feldman D., Überbitten, Secession Verlag für Literatur, Zürich 2017. Google Scholar

Foer J.S., Everything is illuminated, Houghton Mifflin, Boston – New York 2002. Google Scholar

Foer J.S., Wszystko jest iluminacją, przeł. M. Kłobukowski, W.A.B., Warszawa 2003. Google Scholar

Galizien erzählt. Heimatbuch der Galiziendeutschen, Teil 4, hg. vom Hilfskomitee der Galiziendeutschen e.V., Stuttgart 1990. Google Scholar

Helbig B., Steinfels – teren prywatny, „tygiel” 2015, nr 1–6 (217–222), s. 169–180. Google Scholar

Helbig-Mischewski B., Kolonia Steinfels we wspomnieniach Heinricha Wolfa i Mojego Ojca, źródło: http://jacekleszega.pl/index.php/rocznik-ustrzycki-2017/38-kolonia-steinfels-we-wspomnieniach-heinricha-wolfa-i-mojego-ojca-brygida-helbig [dostęp: 20.08.2018]. Google Scholar

Helbig-Mischewski B., Niebko, W.A.B., Warszawa 2013. Google Scholar

Hoffman E., Exit into History: A Journey through the New Eastern Europe, Penguin Books, New York – London 1994. Google Scholar

Hoffman E., Lost in Translation: Life in a New Language, Penguin Books, New York – London 1989. Google Scholar

Hoffman E., Zgubione w przekładzie, przeł. M. Ronikier, Wydawnictwo Aneks, Londyn 1995. Google Scholar

Hübner K., Migrant sagt kaum noch jemand - Deutsche Literatur von Autoren ohne Deutsch als Muttersprache, źródło: http://www.goethe.de/lhr/prj/daz/mag/ksz/de10134309.htm [dostęp: 20.08.2018]. Google Scholar

Janesch S., Katzenberge, Aufbau-Verlag, Berlin 2010. Google Scholar

Köstler J., Sammelband Kolonie, Machliniec in Galizien 2005. Google Scholar

Migrantenliteratur im Wandel. Junge Prosa mit (nicht nur) polnischen Wurzeln in Deutschland und Europas. Literatura migracyjna w procesie. Młoda proza (nie tylko) polskiego pochodzenia w Niemczech i w Europie, red. B. Helbig-Mischewski, M. Zduniak-Wiktorowicz, Leipziger Universitätsverlag, Leipzig 2016. Google Scholar

Petrowska K., Może Estera, przeł. U. Poprawska, Wydawnictwo Uniwersytetu Jagiellońskiego, Kraków 2015. Google Scholar

Petrowskaja K., Vielleicht Esther, Suhrkamp, Berlin 2014. Google Scholar

Prosinger J., Kippenberger S., Meine Sprache ist Deutschmerisch, Interview mit Deborah Feldman, źródło: http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/sonntag/interview-mit-deborah-feldman-meine-mutter-wollte-die-vergangenheit-tilgen/20397320-3.html [dostęp: 20.08.2018]. Google Scholar

Salzmann S.M., Außer sich, Suhrkamp, Berlin 2017. Google Scholar

Schriftstellerin Deborah Feldman in Berlin. Das Leben ist ein Roman, źródło: http://www.taz.de/!5428694/ [dostęp: 20.08.2018]. Google Scholar

Tobor A., Minigolf Paradiso, Rowohlt, Berlin 2016. Google Scholar

Weyh F.F., Suche nach einer neuen Identität [Rec. Deborah Feldman: Überbitten], źródło: https://www.deutschlandfunk.de/deborah-feldman-ueberbitten-suche-nach-einer-neuen.700.de.html?dram:article_id=392331 [dostęp: 20.08.2018]. Google Scholar

Zöckler Ch., Leseprobe aus dem Mitteilungsblatt, hl. Band Hilfskomitee der Galiziendeutschen e.V., Ausgabe April 2013. Google Scholar


Veröffentlicht
2019-12-30

Cited By / Teilen

Trepte, H.-C. (2019). Rückkehr in die Vergangenheit. Auf den Spuren von Familienangehörigen in der deutschsprachigen Literatur (nicht nur) polnischer Herkunft. Transfer. Reception Studies, 4, 77–91. https://doi.org/10.16926/trs.2019.04.03

Authors

Hans-Christian Trepte 
treptus@t-online.de
Universität Leipzig Germany
https://orcid.org/0000-0002-3118-7299

Statistics

Abstract views: 114
PDF downloads: 25



Ähnliche Artikel

<< < 1 2 3 4 5 6 7 8 > >> 

Sie können auch eine erweiterte Ähnlichkeitssuche starten für diesen Artikel nutzen.